E-Commerce für stationäre Händler – Wege durchs digitale Eldorado

Wir erleben derzeit den Beginn einer massiven Veränderung des Handels. Die digitalen Möglichkeiten vergrößern die Freiheit des Kunden und die Möglichkeiten der Anbieter – und sie verschärfen den Wettbewerb dank steigender Transparenz. Zu den Gewinnern dieser Veränderung wird gehören, wer das Bedürfnis des Kunden nach Individualität, Service und Nähe am besten befriedigt. Meint Marcus Diekmann, Experte für Online-Handel und Buchautor („eCommerce lohnt sich nicht“).

Die digitalen Kanäle boomen, PC, Laptop und Smartphone bringen die virtuellen Schaufenster direkt ins Wohnzimmer oder auf die Parkbank. Das Einkaufen wird unabhängig von Ort und Zeit. Damit einher geht eine massive Veränderung des Kundenverhaltens, so E-Commerce-Kenner Marcus Diekmann: „Der Kunde im 21. Jahrhundert lässt sich nichts mehr vorschreiben – er will selber entscheiden, wann und wo er kauft.“

Die Verschiebung der Umsätze in Richtung digitale Kanäle ist voll im Gange. Viele Marktbeobachter sind wie Diekmann überzeugt, dass der stationäre Handel in den kommenden Jahren mit bis zu 20 Prozent weniger Umsatz rechnen muss.

Besonders stark betroffen werden die ländlichen Regionen sein. Hier ist die Nachfrage schon heute rückläufig, weil der Einzelhandel in diesen Regionen Kunden nicht nur an den Online-Handel verliert, sondern auch an größere Einkaufszentren. Hinzu kommt, dass der Online-Handel für eine völlig neue Transparenz sorgt – der regionale Händler sieht sich plötzlich einem Wettbewerb ausgesetzt, der im Internet nur einen Klick entfernt ist.

Neue Konzepte gefragt

Dieser Entwicklung muss sich der Offline-Handel offensiv stellen. Er braucht neue, tragfähige Konzepte, um in der digitalen Flut nicht unterzugehen.
Fest steht: Für den Kunden wird es bald alltäglich sein, sich zum Beispiel das Produkt seiner Wahl innerhalb von wenigen Stunden nach Hause liefern zu lassen – sei es aus der jeweils nächsten Filiale seines Online-Anbieters, vom Einzelhändler in der Nähe oder aus einem Logistikzentrum.

Zugleich muss sich der Einzelhandel in den Innenstädten nicht nur mit der reinen Kanalverschiebung, sondern auch mit der Preistransparenz auseinandersetzen, die das Internet möglich macht.
Für den stationären Einzelhändler ergeben sich hieraus dramatische Konsequenzen. Weitermachen wie bisher wird nicht mehr funktionieren, meint Marcus Diekmann. „Seine Chance besteht entweder darin, in seinem stationären Geschäft konsequent auf innovative Konzepte, Preisformate oder Nischenangebote zu setzen. Oder er nutzt seinen einzigen echten Mehrwert gegenüber reinen Online-Anbietern und erweitert sein stationäres Geschäft um einen Online-Kanal mit Marketing- und Service-Funktion.“

Aktionsangebote als Appetitmacher

So könne der Händler beispielsweise Lust auf einen Besuch in seinem stationären Geschäft machen, indem er sich optisch ansprechend präsentiert und mit speziellen Angeboten punktet. Attraktive Aktionsangebote, regelmäßig wechselnde, eventuell saisonale Themen und Basisprodukte könnten als Appetitmacher dienen.

„Eine andere Chance bietet sich dem stationären Einzelhandel, wenn er das Internet in seine Filiale holt.“ So könne er zum Beispiel dem Kunden das gesamte Sortiment zu einem guten Preis- und Leistungsverhältnis bieten, ohne es auf Lager zu halten. „Auf diese Weise kann das örtliche Fernsehgeschäft seinem Kunden plötzlich nicht nur ein überschaubares Sortiment an Modellen präsentieren. Er bekommt vielmehr Zugriff alles was der Markt an relevanten Produkten hergibt.“ Selbstverständlich sollte der Händler die Bestellabwicklung und gegebenenfalls die Installation des Geräts übernehmen.

Mit einem solchen Konzept könne ein stationäres Fachgeschäft seine Lagerflächen reduzieren und dennoch auf kleiner Fläche ein großes Angebot bieten. Und sich auf seine Kernkompetenzen – Beratung und Service – konzentrieren und so wettbewerbsfähig werden beziehungsweise bleiben

Fazit: Der stationäre Handel braucht Online-Konzepte, die wenig finanzielle und personelle Ressourcen binden und dennoch attraktiv sind. Für viele ist es besser, das Internet lediglich als Service- und Marketing-Kanal zu betreiben, als einen aufwändigen Onlineshop zu pflegen. Restposten oder Aktionsware, die online zum Kauf – oder nur informatorisch – angeboten werden, können helfen, den Kunden ins Geschäft zu ziehen.