Energiewende von unten

Die Energie der Zukunft wird dort gewonnen, wo sie verbraucht wird. Eine Vision, die schon heute für einige Privathaushalte und mittelständische Unternehmen Realität geworden ist. Mit kleinen, dezentralen Produktionseinheiten für Solarstrom, Energiespeichern und einem Batterie-Managementsystem können sie sich weitgehend vom öffentlichen Netz und den stetig steigenden Strompreisen abkoppeln. Erste Anlagen zur Eigenversorgung belegen: Es funktioniert.

Während die Energiewende in Deutschland öffentlich zerredet wird, nehmen immer mehr Verbraucher ihre Stromversorgung selbst in die Hand. Sie verbinden damit zwei Ziele: ihr selbst erzeugter Solarstrom ist umweltfreundlich, und er bringt ihnen handfeste finanzielle Vorteile. Denn mit einem Invest von weniger als 25.000 Euro lässt sich ein Einfamilienhaus mit Büro und Elektrofahrzeug komplett mit selbst produziertem Solarstrom versorgen – und der Strompreis für rund 25 Jahre auf dem heutigen Niveau festschreiben. Die ersten Systeme laufen bereits, und ihr Ertrag zeigt: die Rechnung geht auf.

Das Problem: Unausgeglichener Lastgang

Die Eigenversorgung von Privathäusern, Wohnungen oder ganzer Unternehmen mit Solarstrom scheiterte bislang zum einen an der Speicherung der gewonnenen Energie. Zum anderen steht der unausgeglichene Lastgang starr installierter Photovoltaik-Anlagen dem angestrebten Ideal entgegen, die gewonnene Solarenergie sofort zu nutzen. Beide Problemstellungen lassen sich mit nachgeführten Photovoltaik-Anlagen elegant lösen. Denn sowohl für die effiziente Speicherung als auch für den direkten Verbrauch ist ein ausgeglichener Lastgang – sprich: die gleichmäßige Produktion von Solarenergie den ganzen Tag über – erforderlich.

Zur Erklärung: Starr installierte PV-Anlagen haben um die Mittagszeit ihre Produktionsspitze, produzieren aber davor und danach relativ wenig Energie. Das bedeutet: Morgens und abends, wenn ein normaler Haushalt besonders viel Strom benötigt, liefern starre Systeme in der Regel nicht ausreichend Energie. Dies ist bei nachgeführten Anlagen wie etwa den MLD-Nachführsystemen von DEGER anders (MLD steht für Maximum Light Detection): Sie stellen üblicherweise auch zu diesen Tageszeiten genügend Solarenergie zum Direktverbrauch zur Verfügung.

Zweiter wesentlicher Faktor beim Betrieb eines Systems zur Eigenversorgung sind die Stromspeicher. Sie versorgen den Verbraucher mit Energie, wenn die Photovoltaik-Module keinen oder zu wenig Strom liefern.

Nachführung schont Stromspeicher

Auch bei der Speicherung bieten nachgeführte Systeme einen entscheidenden Vorteil. Denn die als Energiepuffer eingesetzten Batterien lassen sich mit gleichmäßigen Einspeisemengen wesentlich schonender aufladen als mit kurzen hohen Spannungsspitzen, wie sie für starre Systeme typisch sind. Dadurch kommt das System mit weniger Batteriekapazität aus – und die Lebensdauer der Stromspeicher verlängert sich signifikant. Als Faustregel gilt: MLD-Nachführung spart rund 30 Prozent Batteriekapazität.

Hinzu kommt der bereits beschriebene Effekt: Während die Sonne am Himmel steht – das gilt im Übrigen auch für Tage mit bedecktem Himmel – liefern nachgeführte Systeme in der Regel ausreichend Energie für den Direktverbrauch. Die Batterien kommen zu diesen Zeiten also nicht zum Einsatz. Beides wirkt sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit des Gesamtsystems aus.

Überschuss sinnvoll nutzen

Mit dem Batterie-Managementsystem kann der Nutzer die Anlage zur Eigenversorgung nach seinen individuellen Wünschen und Rahmenbedingungen steuern. Zunächst wird der Solarstrom, der nicht direkt verbraucht wird, in die Stromspeicher geleitet. Sind die Batterien voll, kann die überschüssige Energie entweder ins Netz eingespeist oder einem anderen Verwendungszweck zugeführt werden – der Aufbereitung von Brauchwasser oder der Versorgung einer Heizungsanlage etwa. Ein Überschuss-Manager im Verteilerkasten steuert auch das ganz nach Bedarf beziehungsweise Priorität des Nutzers.

Davon ausgehend, dass in der Regel noch ein Anschluss an das öffentliche Stromnetz besteht, wird das Batterie-Management beispielsweise so eingestellt, dass die Batterien maximal zu 50 Prozent entleert werden. Ist dieser Minimalwert erreicht, ohne dass aktuell direkt produzierte Solarenergie verfügbar ist, bezieht die Anlage automatisch Strom aus dem Netz. Der Batteriepuffer lässt sich höher oder niedriger stellen. Die 50 Prozent machen Sinn vor dem Hintergrund, dass die Anlage bei Ausfall der öffentlichen Netze den Haushalt oder das Unternehmen auch dann mit Strom versorgen soll, wenn keine direkte Sonnenenergie verfügbar ist.

Der Weg zur autarken Energieversorgung

Wer sich für eine Anlage zur Eigenversorgung entscheidet, will in der Regel nicht Strom produzieren, um ihn ins Netz einzuspeisen und von der Einspeisevergütung zu profitieren. Umso mehr, als die Tage hoher Einspeisevergütungen gezählt sind – ein Trend, der längst weltweit eingesetzt hat. Sie werden in Deutschland in absehbarer Zeit unter 10 Cent pro Kilowattstunde sinken, die Gestehungskosten für Solarstrom mit nachgeführten Systemen liegen schon heute bei etwa 10 Cent pro Kilowattstunde.

Die Richtung ist klar: Den Nutzern solcher Anlagen geht es vor allem darum, sich von den öffentlichen Netzen und den steigenden Energiepreisen unabhängig zu machen. Vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen, die nicht von den attraktiven Großkundentarifen der Energieversorger profitieren, kann die autarke Stromversorgung letztlich eine Frage der Zukunftssicherung sein. Sie können ihre Energiekosten langfristig solide kalkulieren – und dauerhaft auf dem heutigen Niveau festschreiben. Das heißt: Ihre Wettbewerbsfähigkeit steigt mit jeder Preiserhöhung der öffentlichen Energieversorger.

Keine Zweifel bestehen daran, dass die Strompreise das derzeitige Niveau nicht halten werden. So prognostiziert das Karlsruher Institut für Technologie in einem Gutachten von Mitte Mai 2012, dass die Strompreise in Deutschland bis zum Jahr 2025 um 70 Prozent steigen werden. Ein Wert übrigens, der für Großkunden gilt. Für Privathaushalte und kleinere Unternehmen dürften die Preise noch stärker steigen.

Positive Energiebilanz

Inzwischen liegen belastbare Ertrags- und Verbrauchsmessungen des seit Herbst 2011 laufenden Testsystems von DEGER und weiterer seither installierter Systeme vor. Sie zeigen: 22 Quadratmeter nachgeführte Solarmodulfläche decken den Eigenbedarf eines Einfamilienhauses mit angeschlossenem Büro und zwei Elektrofahrzeugen zu rund 115 Prozent ab.

Konkret: In den ersten fünf Monaten des Jahres 2012 produzierte das Testsystem rund 3.000 Kilowattstunden Solarstrom. Der Stromverbrauch des angeschlossenen Haushalts mit Büro und Elektrofahrzeugen bezifferte sich im gleichen Zeitraum auf rund 2.600 kWh.

Die positive Energiebilanz zeigt sich auch am Verhältnis von Netzbezug und Netzeinspeisung: Von Januar bis Mai wurden rund 610 kWh aus dem Netz bezogen. Eingespeist wurden in der gleichen Zeit rund 930 kWh.

Installiert sind in der Testanlage 18 Module vom Typ Sanyo 240 mit einer Gesamtleistung von 4.320 Watt peak. Sie lieferten im ersten vollen Kalenderjahr nach Inbetriebnahme stolze 7.525 Kilowattstunden Solarstrom – ein sensationelles Ergebnis, das selbst die Erwartungen von DEGER deutlich übertrifft. Sicher ist ein Teil davon wohl auch dem Standort zu verdanken: Das System hat freie Sicht vom östlichen bis zum westlichen Horizont. Und es ist in dieser Region sehr selten neblig. Damit liefert die Anlage nicht nur genügend Solarstrom für den Eigenverbrauch, sie unterstützt auch die Warmwasseraufbereitung des Hauses in durchaus nennenswertem Umfang.

Bemerkenswertes Detail: Die zwei Elektroautos brachten es im Zeitraum der ersten Messungen auf eine Gesamtlaufleistung von rund 6.000 Kilometern. Dafür verbrauchten sie rund 900 kWh Strom im Einkaufswert von rund 200 Euro. Rechnet man diese verbrauchte Energie aus der Bilanz heraus, hätte während der gesamten Messdauer kein Strom bezogen werden müssen. Zugleich aber wurden mit den Autos rund 400 Liter Benzin gespart, die bei den aktuellen Preisen mit mehr als 600 Euro zu Buche geschlagen hätten.

Ein funktionsfähiges Komplettsystem zur Eigenversorgung kostet inklusive Installation weniger als 25.000 Euro. Auf dieser Basis können die Nutzer ihren Strompreis für die nächsten 25 Jahre auf das jetzige Niveau festschreiben. In diese Kalkulation sind sämtliche Kosten eingerechnet – von der Anlage selbst über die Finanzierungskosten bis hin zu Wartung und Instandhaltung inklusive Kosten für Ersatzteile über die Dauer von 25 Jahren.